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Gab es in der Stadt Leipzig eine "Polizei" bereits vor dem Jahre 1810 ?
Die ersten Anfänge der Polizei sind schon früher nachweisbar; zumindest solche Einrichtungen, die polizeiliche Aufgaben zu erfüllen hatten (Stadtkämmerer, Münzmeister, Marktmeister, Walpode, Vicedominus,
Gewaltbode, Stadtviertelmeister oder Stadt-Hauptleute, Scharwächterordnung u.dgl.m.)
Blickt man zurück auf die frühere städtische Verfassung, würde das bedeuten, tiefer in die alte urdeutsche Verfassung der Städte einzugehen, die ihrem Wesen nach frei und rein demokratische war. Die
"Gau-Grafen", unter welche die Städte, also auch Leipzig, gehörten, verwalteten die öffentlichen Geschäfte und sprachen das Recht in eigner Person. Erst später traten Stellvertreter in der Gestalt
der V o i g t e auf, welche um sich herum Beisitzer oder S c h ö f f e n (erste Schreibweise "Schöppe") sammelten, zu welchem Amte anfangs jeder Freigeborene wählbar war. Diese
Schöffen wurden vorzugsweise Bürger genannt und standen unter dem landesherrlichen Stadtvogt (advocatus citivatis).
O t t o der R e i c h e stellte an die Spitze der Schöffen zuerst einen aus deren Mitte gewählten S c h u l t h e i ß e n, doch blieb dessen Stellung noch eine sehr untergeordnete.
Den B l u t b a n n hatte der landesherrliche Beamte, der S t a d t v o g t, welcher auch in anderer Beziehung über dem Schultheißen stand. Außerdem gab es noch einen dritten, den
sogenannten B i l l i c u s, unter dessen Gerichtsbarkeit die Umgebung, namentlich der Adligen, gehörten, er hatte seinen Gerichtsstuhl außerhalb der Stadt. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die
Klöster ihre eigene Gerichtsbarkeit ausübten.
Der Markgraf Dietrich von Landsberg befreit die Leipziger Bürger von der Gerichtsbarkeit seiner Vögte. Mit einem Schreiben vom 30. Januar 1263 „anerkennen wir Dietrich, von Landsberg, mittels des gegenwärtigen
Schreibens und wünschen, daß wir allen unseren Bürgern zu Leipzig solcherlei Freiheit gewährt haben, daß keiner unserer Vögte dieselben zwingen solle, irgendeines Rechtshandels wegen vor ihm sich zu
verantworten; sondern wenn jemand gegen sie eine Klage habe, müsse der unsere vorgenannten Bürger in unserer Stadt Leipzig in Anwesenheit ihres Schultheißen und ihrer Bürger belangen. Wofern er aber vor
Schultheißen und Bürgern seine Klage nicht wird belegen können, dann möge er sie in unserer Gegenwart vortragen, und wir werden ihm einen rechtmäßigen Urteilsspruch erteilen“.
Markgraf Dietrich von Landsberg sichert in einem Schreiben vom 1. März 1268, allen Leipzig besuchenden Kaufleuten seinen Schutz zu: „Wir bekennen ..., daß wir unseren genannten Bürgern von Leipzig, die wir mit
ganz besonderer Gunst und beständiger Anteilnahme begleiten, zur Ehre unserer Stadt Leipzig bereits das Privileg der erhofften Freiheit zuerkannten, daß wir nämlich alle, die Handel treiben wollen und treiben in
schon besagter Stadt, Kaufleute, woher sie auch sein mögen, auch wenn es eintreten sollte, daß wir uns in offenem Streit mit den Herren besagter Kaufleute befinden, in dieser unserer Stadt nicht behindern noch
ihre Güter einziehen werden oder dulden wollen, dass sie von irgendeinem mit Beschlag belegt werden, und dass wir diese Kauflaute auch, wer immer sie sein mögen, die unserer ebengenannten Stadt und uns damit Ehre
erwiesen und ihre Waren in diese Stadt gebracht haben, nach bestem Vermögen schützen und sichern wollen...“.
Aus dem Schöffenkollegium bildete sich im Verlaufe der Jahre der M a g i s t r a t. Die Mitglieder dieses Magistrats verwalteten die städtischen Einkünfte und das Polizeiwesen. Sie nannten sich C o n s
u l e s, an deren Spitze stand der Bürgermeister (M a g i s t r i c u r i a n e). Doch übte über dieses Gremium der Schultheiß seine Obergewalt aus.
Das Ratkollegium teilte sich damals in drei verschiedene Räte (Sektionen) und hatte drei Bürgermeister. Zur Verwaltung der einzelnen "Gegenstände" wurden besondere Deputierte gewählt. Die erste
urkundliche Erwähnung eines Ratskollegiums in Leipzig „stammt aus dem Jahre 1270. Ab 1301 bestätigten der Bürgermeister und der Rat der Stadt alle städtischen Angelegenheiten ohne Mitwirkung eines
landesherrlichen Beamten.“...“ Die bedeutendsten Ratsherren waren der Bürgermeister, die Baumherren (aus als Finanzbeamte) und seit 1423 der Stadtrichter.“ Schon seit dem 14. Jahrhundert gab es in Leipzig die
drei erwähnten Ratskollegien. Der „früheste überlieferte Ratsherreneid stammt vom Ende des 14. Jahrhunderts. Die Ratsordnung von 1529 regelte die Rechte und Pflichten des Rates und der Stadtverwaltung.“
Zu der Bedeutung und der Freiheit eines städtischen Gemeinwesens gehörte in den Feudalzeiten vor allem Dingen die eigene Gerichtsbarkeit. Leipzig war im Jahre 1392 unter strenger Bevormundung in „Betreff der
Verwaltung gerathen und die Rechtssprechung übten landesherrliche Behörden. Wichtig war daher, dass 1423 Friedrich der Streibare die eigene Gerichtsbarkeit dem Rat der Stadt Leipzig zurückgab. Sie
verbreitete sich über einen weiten Umkreis und ist erst in den Jahren um 1850/60 durch die Aufhebung der gesamten Patrimonial-Gerichtsgbarkeit auf den Staat übergegangen“. Der Leipziger Schöppenstuhl, dessen
Entscheidungen in Rechtsfällen vom In- und Ausland nachgesucht wurden, kam um diese Zeit in große Aufnahme.
Für die Bewachung der Stadt waren in Leipzig alle Bürger verantwortlich. Im Verlaufe des 15. Jahrhunderts wurden die Ratsherren des amtierenden Rates und bestimmte Ratsbeamte von dem nächtlichen Wachdienst
befreit; weitere Bürger lösten sich durch Bezahlung des Wachgeldes ab. „Jedoch blieb die allgemeine Wachpflicht in Kriegszeiten, bei Unruhen und bei Feuergefahr weiterhin bestehen. Seit der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts stand an der Spitze der zur Wache eingesetzten Bürger ein Wachmeister bzw. Wachtmeister, während die aus dem Wächtergeld bezahlten ständige Wachmannschaft unter dem Befehl des schon 1436
erwähnten Marktmeisters in der Stadtwache stand. Der Wachtmeister hatte dem Rat und dem Landesherrn einen Eid zu schwören. Daneben gab es noch die vier Wachmeister für die Tore, welche die Torschließer
beaufsichtigten.“
Die im Dienst der Stadt stehenden Ausreiter, auch reitende oder reisige Knechte genannt, überbrachten nicht nur die Botschaften des Leipziger Rates nach auswärts und begleiteten die Ratsgesandten auf größeren
Reisen. Sie waren verpflichtet, sich bei besonderen Vorkommnissen, wie Feuersgefahr und Aufruhr, dem amtierenden Bürgermeister bewaffnet zur Verfügung zu stellen. Die Stadt beschäftigte schon im 15. Jahrhundert
drei bis vier Ausreiter und stattete sie mit Harnischen aus. Darüber hinaus gab es sogenannte Zirkler. Die „Stadtknechte – gewöhnlich acht – bildeten seit dem 15. Jahrhundert eine ständige Wachmannschaft in
Leipzig. Als Wächter (1406), Stadtzirkler (1445), Trabanten, Nachtzirkler, Schergen und Häscher haten sie nachts die Runde zu machen und sich sonst in der Wachstube aufzuhalten. Sie wurden durch den Rat und das
Stadtgericht für polizeiliche und sittenpolizeiliche Aufgaben eingesetzt. 1465 wird vermerkt, dass jeder von ihnen einen Panzer, ein Koller und einen Hut erhielt. Im 16. Jahrhundert trugen sie die Stadtfarben“.
Der im 16. Jahrhundert besonders angestellte Stockmeister diente als Gefängnisaufseher. Als Gefängnis diente ursprünglich neben dem Keller im Rathause das im Volksmund „Henkersturm“ (der Rat bezeichnete ihn
als den „Hohen Turm“ genannte Gebäude an der Südseite der heutigen Universitätsstraße.
Der Stockmeister gehörte zu den niederen Gerichtsbeamten. „Er war für den Rat der Stadt und das Stadt-gericht tätig. Er hatte die Gefangenen zu bewachen und mit Nahrung zu ver-sorgen.
Während der Marktmeister und die Zirkler in der Stadt herumgingen, musste er auch auf dem Rathaus die Wache halten.“ Aus: Das Leipziger Eidbuch von 1590; VEB Fach-buchverlag Leipzig. 1.
Auflage 1986, S. 159. Den Eid musste er ebenfalls ablegen. Darin hieß es: „Den Dienst, den ich übernommen habe, will ich gewissenhaft ausüben. Ich werde die Gefangenen fleißig bewachen, damit
keiner entkommt, sie mit angemessener Nahrung versorgen, ohne Erlaubnis des Rates und Gerichts mit keinen ihnen reden und durch sie keine Briefe schreiben lassen und besonders beachte, daß ihnen
nichts zugebracht wird, womit sie ausbrechen könnten. Was mir geheimzuhalten befohlen wird, will ich keinem offenbaren. Alles das tue ich zuverlässig und aufrichtig, so wahr, als mit Gott helfe.“
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Der Stockmeister gehörte zu den niederen Gerichtsbeamten. „Er war für den Rat der Stadt und das Stadtgericht
tätig. Er hatte die Gefangenen zu bewachen und mit Nahrung zu versorgen. Während der Marktmeister und die Zirkler in der Stadt herumgingen, musste er auch auf dem Rathaus die Wache halten.“
Für die Speisung der Gefangenen erhielt der Stockmeister vom Rate Kostgeld, später mussten sich die Gefangenen selbst versorgen; ein Zusatz zum Eid verlangte vom Stockmeister, „auch mit dem gelde, so mit die
gefangenen sich selbst zu speisen geben, getreulich vmbgehen (umgehen)“.
Der Landknecht wird erstmals 1543 urkundlich in Leipzig belegt. „Als städtischer Beamter forderte er die Dorfbewohner vor die Landstube. Er gab die Gerichtstage in den Dörfern bekannt und rief die
Bekanntmachungen aus. Er erledigte auch die Botengänge für die Landstube und achtete darauf, dass die Bauern nur einheimisches Bier ausschenkten und tranken“.
Ein Marktvogt wurde zur Überwachung des Marktverkehrs schon im 15. Jahrhundert beim Rat der Stadt beschäftigt. Zuerst gab es einen, dann zwei und drei. „Sie sicherten vor allem das Marktprivileg des Rates und der
Bürger, verhinderten den Vorkauf durch Fremde und beaufsichtigten die Verkaufsplätze der Höker und den Fleischverkauf. Sie waren auch für die Einnahme von Ratsgeldern (Wächtergeld, Opfergeld, Erbgeld) und den
Schoß zuständig und wurden mit für die Besichtigung des Viehhofes, das Fleischschätzen und die Besichtigung der Feuermauern eingesetzt.“
Torschließer waren eine weitere Einrichtung der Stadt, die sicherheitspolizeiliche Aufgaben wahrzunehmen
hatten. Die Stadt hatte vier Haupttore (Grimmaisches, Peters-, Ranstädter und Hallesches Tor), drei Nebentore
(Hallesches Pförtchen, Thomas- und Barfußtor) sowie zwei äußere Tore oder Schläge (äußeres Hallesches und
äußeres Ranstädter Tor). Für den Wachdienst und die Kontrolle an diesen Stadttoren wurden im 15. und 16.
Jahrhundert die Torwärter (Torschließer, auch Personen, die unter den Stadttoren die Zeichen aus der Waage
und vom Zoll und Geleit einnehmen) eingesetzt. Sie waren damit sowohl Sicherheits-, als auch Finnazbeamte des Rates. Sie wurden aber auch zu anderen Aufgaben – wie Einnehmen des Schosses, Besichtigung der Mauern,
Einberufung der Stadtgemeinde zu Versammlungen und Kontrolle der Harnische der Bürger – mit herangezogen“.
Der Eid des Tor- und Pförtleinschließers (siehe Seite 105/106, lautete:
Thor vnd pförtlein Schließere
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Tor- und Pförtleinschließer
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Dem Ampt vnnd dienste, dortzu ich mich begeben habe, dem will ich getrewlich vorstehen, Die Thor vnd pffertlein fleissig bewahrenn, die zu rechter zeit auff vnd zu schliesßen, Vnd ob ich vorretherei,
aufrhut, aufflaufft ader anders dergleichen, doraus dem Rathe schade oder nachtail mochte eruolgenn, sehenn oder erfahrenn wurde, deme Rathe offenbaren vnd nach alle meinem vormugen vorhuetten Vnd
des Rats heimigkait, was mir des vortrawet wirdt, nicht offenbahrenn, Trewlich vnnd vngeferlich, Als mit Gott helffe.
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Das Amt und den Dienst, die ich übernommen habe, will ich gewissenhaft ausüben. Ich werde die Tore und Pförtlein eifrig beschützen, sie zur rechten Zeit auf- und zuschließen und dem Rat
offenbaren und mit meiner ganzen Kraft verhüten, wenn ich Verrat, Aufruhr, Auflauf oder dergleichen anderes, aus dem für den Rat Schaden oder Nachteil entstehen könnte, sehe oder erfahre. Ich will
die Geheimnisse des Rates, die mir anvertraut werden, nicht offenbaren. Das tue ich zuverlässig und aufrichtig, so wahr, als mit Gott helfe.
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Auch die Torschlüsselverwahrer mussten einen Eid ablegen. Dieser lautete: „Ich schwöre, daß ich die Schüssel zu
den Toren und Pforten der Stadt, die mir anvertraut und übergeben wurden, gewissenhaft und eifrig verwahren will. Ich werde sie keinem, außer wenn es der Bürgermeister befiehlt, und den Torwärtern nur, wenn zu
gebührender Zeit auf- und zugeschlossen werden soll, geben, sie sofort wieder in gut verschlossene Aufbewahrung nehmen und in diesem Amt zum Besten für die Stadtgemeinde handeln und tätig sein, so wahr, als
mir Gott helfe“.
Zunft- und Schaumeister übernahmen vom Rat einen Teil der Aufgaben der Handels- und Gewerbepolizei. „Die von den Innungen gewählten Zunft- und Schaumeister wurden vom Rat bestätigt und vereidigt“.
Wenn von immer wieder von B ü r g e r n die Rede ist, sollte man beachten, dass die Erlangung des
Bürgerrechts vor allem vom Vermögensstand abhängig war. Bürger konnte demzufolge nur werden, „wer Grundbesitz in der Stadt besaß oder erwarb, das Bürgergeld zahlte und eine eheliche Abstammung nachwies.
Entsprechend dem Ratsbeschluß vom 17. Juni 1469 mußte er sich in der Stadt niederlassen. Im Jahr 1474 zählte
Leipzig 519 ansässige Bürger, zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren es bereits 900. Die hinzugekommenen Neubürger mußten eine Abgabe zahlen, die aber auch erlassen werden konnte, wen der Zuzug im Interesse der
Stadt erfolgte. Die Bürger – Kaufleute, Handwerksmeister und andere besitzende Kreise – besaßen zahlreiche
Rechte, von denen die anderen Stadtbewohner, die Gesellen, das Gesinde und die Stadtarmut, ausgeschlossen blieben. Die Bürger waren in unterschiedlichem Umfang an der Stadtverwaltung beteiligt. Sie hatten zur
Bewaffnung und Verteidigung der Stadt beizutragen“.
„Welche Mannsperson als Bürger aufgenommen werden wollte oder sollte, musste zunächst 15jährig sein, seinen
Geburtsbrief (Urkunde) vorlegen und den Nachweis über Herkommen und seine eheliche Geburt führen. Hier
machte der Rat keine Ausnahme“, heißt es bei Czok. Die „Neubürgerschaft, die Aufnahme eines Auswärtigen als
Bürger von Leipzig, erforderte zudem zunächst den Erwerb eines Hauses, entweder sofort, wenigstens aber, nach
Jahr und Tag eignen Feuer und Haus zu halten“, führt Czok, K.: Das alte Leipzig, S. 29 weiter aus.
Die Wachmeister, die an den Toren ihren Wachdienst versahen, mussten einen Eid ablegen. Dieser lautete: „Wachmeister Eydt vorn Thoren. Ich schwere, das ich die wache vor den thoren, so mir zuhalten vertrauet,
treulich und vleißig versorgen vnd bestellen, Zu tag und nacht vleißig Achtung darauf geben, das gemeiner Stadt
schaden vndt gefahr verhuttet vnd nachbleiben möge, Vnd do ich aufruhr, Auflauft oder anderen verrath Spüren,
daßelben nach vermugen abwenden vnd vorkommen helffenn, Vnd solches nicht lassen, weder aus gunst, gabe, freundschafft, feindschafft, noch umb keinerley sach willen, Auche dem Rath vnd gemeiner Stadt, so lang meine
bestallung wehret, getrew vnd gewerrtig sein, Alß mir Gott helffe etc.“
Übersetzt heißt das: Eid des Wachmeisters für die Tore. Ich schwöre, dass ich die Torwache, die mir zu halten anvertraut ist, gewissenhaft und eifrig versehen und ausüben will. Ich werde bei Tag und
Nacht fleißig darauf Acht geben, dass Schaden und Gefahr für die Stadtgemeinde verhütet wird und unterbleibt. Und wenn ich Aufruhr, Auflauf oder anderen Verrat bemerke, werde ich helfen, dies
möglichst zu verhindern und dem zuvorzukommen. Solches werde ich weder wegen Gunst, Gabe, Freundschaft oder Feindschaft noch aus anderen Gründen unterlassen. Auch will ich dem Rat und
der Stadtgemeinde, so lange meine Anstellung währt, getreu und gewärtig sein, so wahr, als mir Gott helfe usw.
Der Wachmeister stand in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an der Spitze der Bürgerwache und befand
sich offensichtlich nicht ständig im Dienst. Die Wachmeister schwuren nicht nur dem Leipziger Rate, sondern auch
dem Kurfürsten, getreu und gegenwärtig zu sein. Dies bildete, wie Rachel, W. feststellte, den einzigen Fall, dass
ein städtischer Beamter dem Landesherren vereidigt wurde. Rachel, W. a.a.O., S. 143. Dem Wachmeister oblag die Musterung, Einübung und Anführung der zur Wache herangezogenen Bürger und die Beaufsichtigung
derjenigen, die die Schläge vor den Toren zu schließen hatten. „Die seit dem 15. Jahrhundert ständige
Wachmannschaft – gewöhnlich acht Nachtzirkler oder Stadtknechte – stand unter dem Befehl der Marktmeister,
hatte also wohl ursprünglich marktpolizeiliche Funktionen zu erfüllen. Dann „oblag ihr, besonders nachts, die
Sicherheitspolizei, und sie hatte untereinander abwechselnd mit den Stadtknechten die Wache zu halten“, heißt es bei Rachel, auf S. 143, weiter.
Raubdelikte, Diebstahl, Plündereien und Schlägereien, also alle Vergehen gegen die Stadt und ihre Bürger wurden im Urfehdenbuch von Leipzig zwischen 1390 und 1480 verewigt.
Kopie einer Schriftseite aus diesem ältesten Leipziger Urfehdenbuch siehe folgende Seite.
Eingetragen sind weiter u.a. : „Hans Kunkel, Bäckerknecht, ist verwiest durch (überführt) des Willens, dass er den Hänger wollte unwilligen (schädigen) und ermorden in seinem Haus.
Hans von der Heyde von der Neuenstadt, Bäckerknecht, ist verwiest durch des Willens, daß er den Hänger auch
wollte unwilligen in seinem Haus. Johannes von Bückin von Lüneburg hat mit gutem Willen unbezwungen Urfehde (Verzicht auf Rache) zu den Heiligen geschworen, daß er unseren gnädigen Herren ihre Land und Leute und
nehmlich die Stadt zu Leipzig nie mehr verdenken (verdächtigen), beteidigen (gerichtlich anklagen) noch beschädigen will mit Worten noch mit Werken...“
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Wann erfolgten Eintragungen, wer stand drin?
„In diesem Buch sind geschrieben alle, die wider die Stadt Leipzig mit Worten oder mit Werken getan haben, und (vor)nehmlich alle Ächter, Mörder, Räuber und Übertäter dieser Stadt etc....
Diese sind vermeldet von Nycol Rovleisch: Hinrich der zu Beln, Saß (Grundbesitzer) von Zcetzow, und Hans von Techow, daß sie ihm haben ein Pferd geboten, daß er ihnen wollte die von Leipzig
verraten.
Stanveste, der Bäcker-knecht, hat dem Hänger (Henker) seinen Haus-frieden bei Nacht ge-brochen und hat den Hänger wollt morden mit gezogenem Messer.“
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"Eine große Veränderung im Rathe erfolgte, als derselbe nach Gründung der Universität 1423 die Obere- und
Niedergerichte wieder käuflich an sich brachte und diesen Vertrag 1435 gegen Erlegung von 3000 Gulden
erneuerte. Zur Verwaltung der übernommenen Gerichte wurde nun ein neuer Beamter, als R a t s v e r o r d n e t
e r von den früheren Schultheißen wohl zu unterscheiden, unter dem Namen S c h a r f r i c h t e r angestellt. Der
schon seit 1325 als Spruchcollegium auch für Auswärtige in großem Ansehen stehende S c h ö p p e n s t u h l
war ebenfalls mit dem Rathe verbunden. In späterer Zeit erwarb der Rath noch andere Gerechtigkeiten, das
Patronatrecht, und 1508 die erbliche Ueberlassung der Gerichte, und stieg so zu immer größeren Ansehen".
Nach der Errichtung/Gründung der Universität Leipzig, 1409, begann ein Gerangel mit dem Rat der Stadt. Die
Universität als eine „exterritoriale Einrichtung besaß eine eigene Gerichtsbarkeit“. Die Studenten, die unter „klösterlicher Zucht und Ordnung“ standen, wurden durch Universitätsrichter bestraft.
In den Adressbüchern der Stadt Leipzig gibt es bis zum Jahre 1811 keinen Verweis auf eine Polizeidienststelle.
Aus gesichteten Unterlagen geht hervor, dass im Jahre 1806 eine Instruktion für eine Polizeiwache erlassen
wurde. Damit scheint klar zu sein, dass es einen “Polizisten” schon gab. In einer Schrift von Leonardi aus dem
Jahre 1799 werden vom Rat “besoldete 18 Gerichts- und Polizeydiener” genannt, “deren Gewandheit, Wachsamkeit und Geschicklichkeit im Aussoähen der Verbrecher musterhaft ist und wohl schwerlich in irgend
einer europäischen Stadt in einem so vorzüglichen Grade angetroffen wird”.
Das Stadtgeschichtliche Museum verweist in der Schrift: “Leipzigs Regierende Bürgermeister von Leipzig ...
darauf, dass der der Bürgermeister (zwischen 1778 bis 1799 mit Unterbrechungen) Dr. jur Carl Wilhelm Müller
das Amt des Polizeidirektors von Leipzig ausgeübt habe!
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